Die Vertreter der Wahlkommission der Region Moskau (Mosoblizbirkom) kamen zu einem kurzen Arbeitsbesuch nach Deutschland und in die Niederlande, um das Wahlsystem der beiden Länder sowie die Organisation und Durchführung der Wahlen auf verschiedenen Ebenen kennenzulernen. Am 28. und 29. November besuchten sie das lokale Wahlamt der Stadt Köln und den nationalen Wahlrat der Niederlande in Den Haag (Kiesraad) und machten sich mit den Grundprinzipien und Mechanismen der Durchführung von Wahlen in beiden Ländern vertraut.

In Köln zeigten sich die Gäste aus dem Moskauer Gebiet besonders beeindruckt von der Tatsache, dass rund 25 % der 800.000 wahlberechtigten Kölner per Brief- oder Fernwahl abgestimmt haben. Ebenfalls bemerkenswert fanden sie, dass die inhaftierten Bürger der Bundesrepublik, im Gegensatz zu Russland, größtenteils ihr Wahlrecht behalten und aktiv in den Justizvollzugsanstalten wählen können.

Derzeit sehen die deutschen Kollegen keine besondere Gefahr einer Wahlmanipulation, denn, um die Wahlergebnisse tatsächlich zu beeinflussen, bedarf es einer sehr hohen Anzahl der Menschen mit viel krimineller Energie. Deutsche innenpolitische Situation bietet dafür keine Voraussetzungen. Was die Nutzung der elektronischen Abstimmungsverfahren anbetrifft, sind die deutschen Kollegen der Meinung, dass die potenzielle Gefahr einer ernsthaften und gezielten Einmischung so um Vielfaches steigt. Aus diesem Grund sind auch keine Versuche der elektronischen Stimmauszählung derzeit gar nicht geplant. Im Gegensatz zu den grundlegenden Abstimmungs- und Zählverfahren, wird die Digitalisierung aktiv in verschiedenen Phasen der Wahlvorbereitung eingeführt, denn man hat es nicht vor, sich dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt zu verweigern.

Ähnliche Argumente wurden von den niederländischen Kollegen vorgebracht. Die Technologie für das elektronische Abstimmen befinden sich noch in der Entwicklung und können anfällig für Übergriffe sein. Auch wenn 2006 die Kommunalwahlen bereits elektronisch stattfanden, so sind die Niederländer heute zur traditionellen Methode der Stimmabgabe zurückgekehrt – Papier und Stift. Die Gesellschaft kam zu einem Konsensus, dass die Bewahrung von Transparenz und Zuverlässigkeit, selbst wenn es auf Kosten vom Komfort und von der raschen Auszählung geschieht, zweifelsohne einen notwendigen Kompromiss darstellt, um das wesentlichste demokratische Verfahren der Stimmabgabe vor Manipulationsversuchen zu schützen. Dieser Maxime folgend, werden „Spuren in Papierform“ bei der Umsetzung jeglicher Innovationen und Optimierungen als unabdingbar gesehen.

Die Höhe Wahlbeteiligung ist ein deutliches Signal für das Vertrauen der Niederländer in das eigene Wahlsystem: so nehmen etwa 80 % der wahlberechtigten Bevölkerung regelmäßig an Parlamentswahlen Teil.

Während der Begegnungen besprachen die Teilnehmer sowohl globale als auch verschiedene organisatorische und technische Aspekte der Organisation von Wahlen: Registrierung von Kandidaten, Wahlkampf und Abstimmung sowie Stimmenauszählung und stellten sicher, dass die Prozesse und Prinzipien aller drei Wahlsysteme nahe genug sind. Es gibt aber auch erhebliche Unterschiede. In Deutschland zum Beispiel ist eine relativ geringe Anzahl von Unterstützungsunterschriften erforderlich, um einen neuen Kandidaten für die Wahl registrieren zu lassen – je nach Wahlebene: von 100 bei Kommunalwahlen bis 2000 bei Bundestagswahlen. In den Niederlanden sind es rund 25 Unterstützungserklärungen pro Wahlkreis. Und für die russischen Kollegen besteht die Hauptaufgabe derzeit darin, das russische Wahlsystem von einem formalen Instrument der Politik der Lenkung zu einem zuverlässigen demokratischen Verfahren zu entwickeln, welches das Vertrauen der Bürger genießt.

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